Informationen zum Rasiermesser

 

 

 

Das Rasiermesser

Textfeld: Querschnitte der Rasiermesser       - Hohlung -    A  derbes Messer  B  hohl  C 1/4 hohl                        A        B         C       �   Schale     ‚   Einlage/Siebdruck      ƒ   Steg      „   Kopf     …   Schneide     †   Hohlung      ‡   Doppelansatz      ˆ   Goldätzung       ‰   Rücken       Š   Erl   ��   Kranzangel  �‚   Zeichen   �ƒ   Angel Durch moderne Rasiersysteme wohl etwas in den Hintergrund, aber nie gänzlich verdrängt, zählt das im Lauf der Geschichte vom zweischneidigen Bronzeschaber bis zum heutigen Edelstahl-Rasiermesser entwickelte Werkzeug jüngst wieder zu den Attributen männlicher Bartpflege. Verfügt der Benutzer darüber hinaus über Kenntnisse in Handhabung und Pflege seines oft "guten alten Stücks", steht einer optimalen Rasur, in vergangenen Jahrhunderten maßgebend für den Ruf der schaumschlagenden Zunft, nichts mehr im Wege.

Doch zunächst etwas Fachkunde über Ausführung und Herstellung eines Rasiermessers, das auf Klinge mit Angel und zwei Schalen (Griffplatten) besteht. Darüber hinaus unterscheidet sich das Rasiermesser von üblichen Messern für Tisch und Küche durch seinen Hohlschliff, der je nach Stärke von derb (flach) (A), über 1/2 und 3/4 hohl (C) bis ganz hohlgeschliffen (B) angeboten wird. In dieser Abstufung spiegelt sich auch Qualität und Preis dieser Messer mit Klingenbreiten von 3/8" bis 5/8" (Zoll, z. B. 4/8" = 13 mm), seltener auch 6/8", wider.

Flache Klingenausführungen finden vorwiegend im Salon für die Konturenrasur und den Messer-Naßschnitt, super­schmale von 2/8" Breite für die kosmetische Augen­brauenrasur Verwendung. Auch für die post­opera­tive Ra­sur in Kliniken werden flache Messer bevorzugt.

 Halb- bis ganzhohle Messer, vorzugsweise in den Breiten 4/8" und 5/8" dagegen erfüllen durch ihre höhere Flexi­bilität die Erfordernisse für eine gründliche und tiefe Ra­sur im gesamten Bereich von Wange, Oberlippe, Kinn und Hals.

 

 

Üblicherweise bietet man heute flache Rasiermesser mit sogenanntem französischem Kopf an, 1/2 bis 1/1 hohle dagegen mit einem Rundkopf und überdies als zusätz­liches Qualitätsmerkmal mit einem Doppelansatz (vgl. Skizze Blatt 1), der den Übergang von Erl/Angel zur Klinge stufenweise herstellt. Speziell teure Rasiermesser, deren Hohlung vor dem sog. Wall liegt (vgl. Skizze B, Blatt 1), erfahren eine größere Verwindungsfestigkeit in Längsrichtung. Spezialitäten, wie Grad- (Gegensatz zu Rund­kopf) und Hohlspiegel (anstelle Doppelansatz) bleiben ausländischen Märkten vorbehalten.

Als Grundmaterial für gute Rasiermesser gelten Normalstähle mit Kohlenstoffanteilen von 0,6 % und mehr, die bei einem sorgfältigen Härte- und Verarbeitungsprozeß ein Höchstmaß an Härte, Elastizität und Verschleißfestigkeit erreichen. Die Vorzüge der rostfreien Stahlqualitäten, die sich aufgrund verbesserter Legierungen steigern ließen, liegen in den geringeren Pflegeansprüchen. Rostfreie Chromstahl-Rasiermesser eignen sich daher besonders für die flachen Ausführungen im Salon, wenn auch der Preis deutlich höher liegt.

 

Herstellung

Arbeiten in Schmiede und Härterei

Der frühe Rohling besteht aus einem Stahlspaltstück zwischen 20 und 25 mm Breite und 5 bis 6 mm Stärke. Die aufgeglühten Spaltstücke werden unter dem hohen Druck eines Fallhammers im Gesenk (Schmiedewerkzeug der Rohform) warmgeschmiedet. Der überschüssige Grat (Flügel) wird abgespaltet, sodann kann der Erl gewalzt (gelängt), das Loch zur Nagelaufnahme und das künftige Markenzeichen im Erl eingebracht werden.

Große Bedeutung kommt der Vergütung (Härten) des Rohlings zu, der je nach Stahlqualität bis 1300°C erhitzt und anschließend in Spezialöl abgeschreckt wird. Die Temperaturgrenzen sind oft ausschlaggebend und mitunter auch Berufsgeheimnis eines erfahrenen Härters. Das anschließende Anlassen bei etwa 200 bis 400°C gibt der Klinge Elastizität und Zähigkeit. Eine zusätzliche Eisvergütung, z. B. des bekannten DOVO-Rasiermessers Nr. 41, bei Temperaturen um minus 40°C, schafft bei Chromstählen eine weitere Verdichtung des Materialgefüges. - Ständige Überprüfungen nach dem Rockwell-System garantieren höchste Qualität!

 

 

Oberflächenbearbeitung und Reiden

In ca. 15 Arbeitsstufen erfolgt der Hohlschliff auf Spezialmaschinen, wobei der Durchmesser des Schleifsteines für die gewünschte Hohlung maßgebend ist. In der Folge werden Erl und Rücken geschliffen und feingeschliffen (Pließten), danach erfolgen das Pließten der Hohlseite, Polieren des Rückens und Blaupließten der Hohlseite, wobei ein gleichmäßiges Mattfinish entsteht. Dekorätzungen und Vergoldungen (Damaszierarbeiten) folgen nun, bevor das Messer gereidet, d. h. mittels Neusilbernagel die beiden Schalenhälften, meistens Horn-, Perlmutt- oder Schildpattimitate aus Celluloid, so befestigt werden, daß das Messer ohne Schwierigkeit einklappen kann. Jedes Messer wird von erfahrenen Fachleuten jetzt abgezogen, geledert und geprüft. Polierarbeiten am Griff sowie Einfetten, Putzen und Verpacken in Scheiden schließen die Arbeiten ab.

 

Pflege des Rasiermessers

Während Rasiermesser aus rostfreiem Stahl weniger Anforderungen stellen, müssen übrige Messer nach Gebrauch mit klarem Wasser abgespült und sorgfältig abgetrocknet werden!! Während längerem Nichtgebrauch empfiehlt sich Einfetten mit leichtem Öl. Ebenso sollte das Messer nicht feucht und unbelüftet lagern!! 

Keine allgemeingültige Regel gibt es über das Abziehen (Ledern) von Rasiermessern; in manchen Fällen genügt ein leichtes Abziehen über den Handballen, zumal wenn das Messer zwischen den Rasieren mehrere Tage Ruhe hatte. Nassrasierer alter Schule wissen es: "Die Wate (Schneide) wächst", d. h. der mikroskopisch erkennbare, hauchfeine Grat auf der Schneide verändert sich bei der Rasur, kehrt aber danach wieder in seine alte Position zurück, er streckt sich und wird wieder hauchfein. Trotzdem, irgendwann trägt sich dieser feine Grat wieder ab und dann sollte der passende Abziehriemen zugekauft werden.

 

 

 Abziehriemen und Ledern

Während flache Messer auf sogenannten Stoßriemen (Stoßmesser) abgezogen werden, benutzt man für 1/2 oder 1/1 hohle Messer Hängeriemen, z. T. mit Drehknauf zum Aufhängen, aus feinem Rindleder oder dem sehr geschmeidigen Juchtenleder, zum Teil mit Hanfschlauch auf der Rückseite; dieser dient dazu, den Grat in die vom Messer wegweisende Richtung aufzurichten. Die Lederseite kann bei Bedarf mit feiner Schleifpaste (Paste Rot) und zum abschließenden Polieren auf separatem Riemen mit Polierpaste (Paste Schwarz) hauchfein eingerieben und mit dem Handballen eingewalkt werden. Das Ledern erfolgt im flachen Winkel mit aufgelegtem Rücken, der in Ziehrichtung vom Körper weg weist. Das Messer soll beim Wechseln über den Rücken gedreht - siehe Skizze - und dann wieder zum Körper hin abgezogen werden. Ein Richtungswechsel über die Schneide läßt diese rund (ballig) werden und den Schnitt verlieren, hier hilft nur der Nachschliff! 

Die Rasur

Ein solchermaßen gepflegtes Messer ist nun vorbereitet zur "erlebnisreichen" Messerrasur, unterstützt von Pinsel und Seife. Der Neuling beginnt zunächst mit den unproblematischen, glatten Gesichtszonen und hält das aufgeklappte Rasiermesser mit Daumen und drei Fingern so, daß die geöffnete Schale vom Gesicht wegweist, siehe Skizze.

 Die mit gutem Rasierseifenschaum vorbereitete

und geschmeidige Haut muß gestrafft werden und

das Messer mit einem Winkel von ca. 30° zunächst

mit und beim nächsten Rasiergang gegen den Bartstrich

bewegt werden. Zu flach geführt reißt das Messer

die Stoppeln, zu steil schneidet es die Haut. Stets

in Schneidenrichtung bewegen, niemals horizontal

(Verletzungsgefahr!); stets gleichmäßig

durchziehen und an Ecken, Grübchen und

Oberlippe das Messer ein wenig steiler halten.

 

Sollte das Messer durch Fall oder beim Einklappen

in die Schale beschädigt sein, nicht mehr weiterbenutzen, hier hilft kein Ledern, sondern nur der ordentliche Nachschliff und Abzug durch einen Fachmann.